Wir alle kennen Wut und aggressive Gefühle. Sei es gegenüber anderen oder gegenüber uns selbst. Entgegen der allgemeinen Meinung ist Wut jedoch weder gut noch schlecht. Es liegt an uns, wie wir mit diesem sehr normalen und natürlichen Gefühl umgehen. Schlucken wir sie runter oder lassen wir sie raus? Macht Wut uns Angst oder können wir von diesem Gefühl lernen und es für uns nutzen? Die folgenden Schritte zeigen, wie wir unsere wütenden Emotionen zu unserem Vorteil nutzen können:
ANNEHMEN
Wenn wir unsere Wut erst einmal so akzeptieren, wie sie ist, nehmen wir viel von ihrer Schwere. Wir können alle unsere Gefühle wie Freunde behandeln und sie bei uns willkommen heißen. Es gibt immer einen Grund, warum sie hier sind und wir müssen uns um sie kümmern, um ein glückliches und gesundes Leben zu erhalten. Gefühle wegzudrücken, macht sie nur noch stärker. Schwierige Gefühle anzunehmen wird leichter, wenn wir uns vorstellen, wir wären ein Ozean: An manchen Tagen sind wir ruhig und entspannt und an anderen tobt ein Sturm über uns, der aus unserem Wasser wilde, hohe Welle schlagen lässt. Doch während des gesamten Prozesses sind wir frei und wunderschön.
FÜHLEN
Indem wir komplett durch unsere wütenden Gefühle hindurch gehen und sie in all ihrer Wucht spüren, lassen wir sie heilen. Wir müssen uns selbst diese Emotionen fühlen lassen, auch wenn es schmerzt. Es ist der einzige Weg, um Gefühle auf gesunde und nachhaltige Weise zu verarbeiten. Das heißt nicht, dass wir generell komplett aggressiv sind. Es geht nur um diesen Moment und die aktuelle Angelegenheit in uns, die wir verarbeiten wollen. Oft steckt hinter Wut auch ein anderes Gefühl wie Angst oder Trauer (für das Verarbeiten von Traurigkeit und Ängsten gibt es jeweils einen eigenen Beitrag). Wir dürfen uns auf jeden Fall so viel Zeit zum Verarbeiten nehmen, wie wir dafür brauchen.
KLÄRUNG UND FOKUS
Dieser Punkt ist essentiell, um uns und andere mit unserer Wut nicht zu verletzen. Sei es in ein Kissen brüllen, Zeichnen, Schreiben, Kochen, Tanzen, Laufen oder Schlagzeug spielen. Wenn wir unsere Gefühle aus unserem Körper rauslassen, erlangen wir Erleichterung und müssen sie weder an uns noch an anderen auf eine schädliche Art rauslassen. Vor allem körperliche Bewegung ist hilfreich, um alles, was in uns schreit, herauszulassen und gibt uns ein Gefühl von mehr Leichtigkeit. Währenddessen oder anschließend können wir aktiv unseren Fokus setzten. Genauso wichtig, wie Wut zu verarbeiten, ist es, sich irgendwann auch wieder auf Dinge zu konzentrieren, die uns glücklich machen. Sei es ein köstliches Mittagessen, der Duft von Kaffee-Bohnen, das Lächeln eines Nachbarn oder die Sonne bei einem kleinen Spaziergang. Wenn wir sehen, was alles Schönes zeitgleich zu unserer Wut passiert, erkennen wir, dass das Leben weder gut noch schlecht ist. Es ist immer eine Mischung aus Herausforderungen und Wohltaten. Du kannst dir in schwierigen Zeiten aktiv etwas Gutes tun und dir damit selbst beweisen, wie schön das Leben auch in schwierigen Zeiten sein kann.
LERNEN
Zum Schluss ist es schlau, unsere Wut mit etwas Distanz zu betrachten. Was genau hat diese starken Gefühle bei dir provoziert? Was hast du in diesem Moment gedacht? Gibt es dabei ein Muster? Wie viele andere Blickwinkel gibt es noch auf die gleiche Situation? Gibt es gesündere Optionen? Wie kannst du die Herausforderungen in deinem Leben bewerten, um generell mehr Liebe und Frieden empfinden zu können? Welche Art von Mensch möchtest du sein? Was sind deine wichtigsten Werte? Und am Wichtigsten: Was will dir deine Wut sagen? Vielleicht hast du dir zu lange etwas von anderen gefallen oder dich verletzen lassen und es ist Zeit, bewusst Grenzen zu setzen. Meistens werden wir wütend, wenn wir mit uns selbst oder mit anderen unzufrieden sind und dann gilt es, etwas zu ändern: seien es unsere Umstände oder unsere Einstellung. Die oberen Fragen können dir dabei helfen, mehr über dich und über dein Leben zu erfahren und darüber, was du ändern möchtest. Unsere Gefühle sind ein Geschenk: Sie können uns viel beibringen und machen uns stärker, wenn wir sie lassen.
HILFE HOLEN
Schmerzhafte Gefühle sind oft ein Tabu-Thema, was es noch schwerer macht, damit klarzukommen. Wenn wir uns jedoch authentisch zeigen und es schaffen, uns mit anderen über unsere Sorgen auszutauschen, hilft das nicht nur uns, sondern auch allen anderen. Wir können uns dadurch selbst und gegenseitig besser verstehen und fühlen uns verstanden. Wir können uns gegenseitig unterstützen und erlangen neue Perspektiven – sei es mit Freunden, Geschwistern, oder auch anonym am Sorgen-Telefon oder mit einem Therapeuten, wenn sich das besser für dich anfühlt. Jeder kennt Wut und aggressive Gefühle und das ist absolut okay. Sich Hilfe zu holen ist ein Zeichen von Stärke, da wir damit für uns und für andere Verantwortung übernehmen und somit sogar ein Vorbild sein können. Wir können so dazu beitragen, für unsere eigene und die mentale Gesundheit anderer zu sorgen.
* Danke, dass du diesen Beitrag gelesen hast! Ich hoffe er war für dich nützlich und unterstützt dich dabei, einen schlauen und gesunden Umgang mit deiner Wut zu finden.
Foto: Jakob Owens